Besuch in der Kreishandwerkerschaft: Klaus Stöttner und Otto Lederer im Gespräch mit den Innungen

Das Handwerk in der Region
Für den offenen Austausch treffen sich Handwerk und Politik in der Region in regelmäßigen Abständen.
Im Gespräch mit Landrat Otto Lederer und Landtagsabgeordneten Klaus Stöttner kritisierte Kreishandwerksmeister Rudi Schiller den „Verordnungswahn“ bedingt durch die Pandemie, der den Handwerksbetrieben die Arbeit enorm erschwert.
Die Bevormundung der Betriebe durch Reglementierung in Sachen Arbeitssicherheit, Gesundheit am Arbeitsplatz und Corona-Verordnungen kann keiner nachvollziehen, da „die Betriebe ihre Mitarbeiter zu schützen wissen“, so Schiller „das lag schon immer in der Verantwortung der Betriebe.“
Die Umsetzung der Hygienekonzepte und Home-Office-Plätze und nun auch noch das verpflichtende Testangebot für die ohnehin schon gebeutelten kleinen und mittelständischen Unternehmen verursachen hohe Kosten. Und trotzdem wurden Gewerke wie Friseure und Maßschneider unverständlicherweise geschlossen.
Obermeister der Elektro-Innung Martin Kaffl bemerkte, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen durch die Presse stark in Kritik geraten sind, da wie es in den Zeitungen heißt „die Handwerker keine Masken tragen“. „Das geht sogar bis zur Kriminalisierung von Personen und ganzen Berufsständen“ äußerte Kaffl. Fakt ist, dass auf der Baustelle und beim Metzger oder Friseur kaum Ansteckung passiert, da überall sehr gute Hygienekonzepte erarbeitet und umgesetzt wurden.
Stv. Obermeister der Bau-Innung Rainer Küblbeck gab zu bedenken, dass der Boom, den das Online-Geschäft derzeit erlebt den Einzelhandel verändern wird. „Für die weitere Entwicklung der E-Commerce gibt es bereits aussagekräftige Studien, die belegen, dass der Einzelhandel rückläufig bleiben wird“ erläuterte Obermeister Christian Albersinger. „Wie bei den Friseuren wird ein Teil der Kunden verloren bleiben, die sich bereits während der Schließung der Friseure umorientiert haben“ warnte Küblbeck.
Erkennbar ist das Phänomen bereits sehr deutlich, da die Terminbuchungen teilweise um 50 Prozent zurückgegangen sind, und das nicht nur wegen der Testpflicht. Die Friseur-Innung fürchtet Schwarzarbeit und die damit verbundene Nicht-Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen im privaten Bereich.
Kritisiert wurden die trägen Reaktionen der Politik von Beginn der Pandemie und die Abhängigkeit vom asiatischen Markt. „Wir verlernen das Handwerk, weil alles billig aus China kommt“, so Küblbeck weiter.

Auf die Ausführungen von Schiller über Preissteigerungen bei Holz und anderem Material und die derzeitigen Lieferschwierigkeiten führte Stöttner die Hamsterkäufe an, durch die der Warenmarkt leergefegt sei und die Preise stiegen. Seit gut einem Jahr werden darüber hinaus große Mengen an Schnittholz in die USA exportiert. Hingegen sind es langfristige Lieferverträge mit China, die weiteres Rundholz der heimischen Versorgung entziehen. Dazu komme in Deutschland Holzeinschlagsbeschränkungen durch das Bundeswirtschaftsministerium wegen des aktivierten Frostschädenausgleichsgesetzes.
„Wir bemerken, dass die Industrie die Pandemie für eine unverschämte Preistreiberei beim Material nutzt. Und wir als Handwerker müssen es ausbaden, weil wir mit dem Kunden feste Verträge haben“, erklärte Schiller.
Die mangelnde Verfügbarkeit insbesondere von Holz und Kunststoffen behindert den Baustellenbetrieb. Viele Gewerke können nicht arbeiten, weil Rohre für Fundamente fehlen oder Folien, Dämmstoffe und Holz für den Dachstuhl. Nach uns vorliegenden Informationen aus dem Handel wird sich die Materialversorgung in den nächsten Wochen leider nicht normalisieren. Es wird daher vermehrt zu Behinderungen im Baustellenbetrieb kommen. Eine zunehmende Anzahl unserer Unternehmen erwartet, Kurzarbeit anmelden zu müssen.
Schiller mahnte angesichts der aktuellen Entwicklung vor dem Rückgang der KMU in der Region.
Die Pandemie erschwere darüber hinaus die Durchführung von Praktika in den Betrieben, so Schiller. Die Ausbildungsplätze können derzeit schwer besetzt werden, da die Ausbildungsmessen nicht stattfinden. Erfahrungsgemäß beginnen die Probleme der Berufswahl bereits in der Schule bei den Lehrern. Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Rosenheim Mirjana Berndanner weiß aus Ihrer Arbeit in der Berufsorientierung, dass das Lehrpersonal unzureichend über Ausbildung und Weiterbildungsmöglichkeiten im Handwerk informiert ist.
Auch wenn Rosenheim sich als Bildungsregion einen Namen gemacht hat, darf die Ausbildung gegenüber der Hochschule nicht zurückstehen.

Kreishandwerksmeister Rudi Schiller (mitte) im Gespräch mit Landtagsabgeordnetem Klaus Stöttner (links) und Landrat Otto Lederer

 

MdB Daniela Ludwig im Gespräch mit den Innungen der Region Rosenheim

Das Handwerk braucht Perspektive und Verlässlichkeit
Laufend neue Verordnungen mit geänderten Regelungen, hohe Investitionen in Hygiene und Home-Office, finanzielle Unsicherheiten und Preissteigerungen bei Holz und anderem Material – das Handwerk in der Region Rosenheim sieht sich derzeit mit vielen Herausforderungen und Problemen konfrontiert. Das ist die Bilanz eines Gesprächs der Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig mit Vertretern der Innungen. „Die ständigen Veränderungen und die Kurzfristigkeit neuer Corona-Verordnungen belasten besonders kleine und mittelständische Unternehmen. Man weiß schon gar nicht mehr, was nun gilt und was nicht“, sagte Kreishandwerksmeister Rudi Schiller. „Man kann schon fast über eine Regelungswut reden. Was wir auch feststellen: Die Akzeptanz bei den Menschen sinkt. Wir müssen dringend mehr öffnen.“ Daniela Ludwig steht an der Seite des Handwerks und ist sich mit den Innungen in vielen Punkten einig. „Wir müssen die einseitigen Belastungen verschiedener Branchen beenden. Wenn das Impfen weiter so Fahrt aufnimmt, müssen wir baldmöglichst über weitere Öffnungen reden. Wir müssen jetzt den Betrieben eine Perspektive geben.“
Auch den Friseuren fehlt die Planungssicherheit. Zudem habe die Testpflicht zu einem massiven Umsatzrückgang geführt, beklagte der Obermeister der Friseur-Innung Stefan Mashold. „Wir hören von unseren Mitgliedern, dass die Terminbuchungen teilweise um 50 Prozent zurückgegangen sind. Das fördert doch wieder die Schwarzarbeit und die damit verbundene Nicht-Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen im privaten Bereich.“
Dass den Betrieben die Testpflicht auferlegt wurde, wurmt viele Handwerker. So auch den Obermeister der Metzger-Innung Hubert Lohberger. „Egal ob Bäcker, Metzger oder Gastronomie – überall wurden sehr gute Hygienekonzepte erarbeitet.“ Die Metzger leben nicht vom Ladengeschäft allein. Viele beliefern die Gastronomie, bieten Seminare an oder sind im Catering tätig. Gerade hier gibt es nach Lohbergers Angaben große Lücken bei den Finanzhilfen. „Einnahmeverluste aus Tätigkeiten mit einer Umsatzsteuer von 7 Prozent werden bei den Corona-Hilfen nicht berücksichtigt. Das wäre für uns aber sehr wichtig. Das muss sich ändern.“
Ärgerlich ist für die Betriebe auch die neue 20-Quadratmeter-Regel für den Handel. „Da hat man 13 Monate lang 10 Quadratmeter pro Kunde, und das geht jetzt plötzlich nicht mehr. Das versteht kein Mensch“, so der Geschäftsführer des bayerischen Fleischerverbands Lars Bubnick. „Diese neue Regel trifft uns hart und sorgt wieder für Warteschlangen vor Metzgereien und Bäckereien.“
Daniela Ludwig will einige Themen aus dem Gespräch in Berlin und in der CSU zur Sprache bringen. „Wir werden Mitte Mai evaluieren, was die Bundes-Notbremse gebracht hat. Was sie bewirkt hat, und was wir ändern müssen.“ Es sei die CSU gewesen, die für die Befristung der Notbremse auf den 30. Juni gesorgt habe. „Uns war wichtig, dass wir nun Mitte Mai alles auf den Prüfstand stellen müssen. Auch die 20-Quadratmeter-Regel, die wir nicht wollten. Aber wir mussten Kompromisse machen.“
Eher machtlos ist die Politik angesichts der Lieferprobleme bei Holz und anderen Rohstoffen. „Es sind 5 bis 7 Großkonzerne, die den Weltmarkt beim Holz regeln, und da hängen wir mit dran“, erklärte Kreishandwerksmeister Rudi Schiller. „Was wir noch bemerken: Die Industrie nutzt die Pandemie für eine unverschämte Preistreiberei beim Material. Und wir als Handwerker müssen es ausbaden, weil wir mit dem Kunden feste Verträge haben.“
Insgesamt müsse die Politik viel tun, um Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, meinten einige Innungsvertreter abschließend. In den letzten Monaten seien viele Fehler gemacht worden, wie etwa zu langsame Auszahlungen bei den Finanzhilfen. Konzepte wie z.B. die Überbrückungshilfen oder die Azubi-Prämie können viele Betriebe nicht in Anspruch nehmen, da sie schlichtweg die gestellten Anforderungen nicht erfüllen. Man könne jetzt auch nicht mehr an die Geduld der Menschen appellieren, weil die Geduld erschöpft sei. Daniela Ludwig zeigte Verständnis dafür, betonte aber auch das Dilemma der Politik. „Es gibt Menschen, die ihre Existenz verlieren, und Menschen, die an den wirtschaftlichen Langfolgen von Covid leiden. Das dürfen wir nicht vergessen. Und auch uns Politikern raubt das Thema die Energie.

Daniela Ludwig im Dialog mit den Handwerks-Innungen Rosenheim – vertreten durch Kreishandwerksmeister Rudi Schiller