Präsident von Timber Construction Europe – Peter Aicher besucht Kreishandwerkerschaft

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Vor einigen Tagen bekam die Rosenheimer Kreishandwerkerschaft (KHW) „hohen Besuch“, als dort der Präsident von Timber Construction Europe, dem europäischen Dachverband des Zimmerer- und Holzbaugewerbes, begrüßt werden konnte. Für die Gastgeber, Kreishandwerksmeister Gerhard Schloots und Geschäftsführer Andreas Holzner, dennoch kein Unbekannter. Immerhin handelt es sich um Peter Aicher, Rosenheimer Innungsmitglied, ehemaliger Obermeister der Zimmererinnung und Geschäftsführer der Firma Aicher Holzbau in Halfing, die seit 1949 mittlerweile in dritter Generation erfolgreich im Holzbau tätig ist. Heute ist Peter Aicher als Präsident dieses internationalen Verbandes für rund 22.000 Mitgliedsbetriebe in Sachen Holzbau und Holzarchitektur in ganz Europa unterwegs.
Grund seines Besuchs ist der in einigen Wochen anstehende Führungswechsel in der Kreishandwerkerschaft. Denn Gerhard Schloots wird mit Ende der nun auslaufenden Amtsperiode sein Ehrenamt als Kreishandwerksmeister niederlegen und Andreas Holzner wird in den verdienten Ruhestand gehen. Grund genug für Peter Aicher sich für ihre Tätigkeit um das Handwerk zu bedanken. Mit Gerhard Schloots hätten die Handwerker während seiner Amtszeit immer einen sehr guten Ansprechpartner gehabt und Andreas Holzner habe immer gute Arbeit geleistet. „Und das in guten und in schlechten Zeiten“, fügte Aicher hinzu und erinnerte an die Situation Ende der 90er Jahre und an die Finanzkrise 2008, als um das Handwerk nicht besonders gut gestellt war. So werde man auch die Corona-Krise meistern. „Holzbau, Zimmerer und die am Bau befindlichen Handwerker haben sich hervorragend behaupten können. Sie haben die Corona-Vorschriften, die seitens des Staates und der Berufsgenossenschaft erlassen wurden ernst genommen und konnten diese gut umsetzen“, sagte Peter Aicher. Das sei allerdings nicht allein der Verdienst der Handwerksbetriebe, sondern das sei auch der KHW zu verdanken, die immer wieder dazu anhalten, dass die Mitarbeiter entsprechende gesichert werden. So stünde das Handwerk in Rosenheim im Vergleich zu anderen Regionen in Europa recht stabil da.
Das Bau- und Ausbaugewerbe ist derzeit noch am wenigsten von der Corona-Krise und den damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens betroffen. Insbesondere auch deswegen, weil die Auftragsbücher der Betriebe schon vor dem Ausbruch der Pandemie außerordentlich gut gefüllt waren. Während in der beginnenden Corona-Krise insbesondere Großbetriebe, wie z. B. die Automobilindustrie, recht schnell nach staatlicher Hilfe gerufen haben, habe sich das Handwerk von einer anderen, einer starken Seite gezeigt, so Peter Aicher. „Gerade zu dieser Zeit sich das System, das wir repräsentieren, etablieren können. Wir sind regional ansässige, familiengeführte Unternehmen. Wir halten zu unseren Mitarbeitern, auch wenn es mal schlechter läuft.“ Dabei bezeichnet er das Handwerk als „Schnellboot“ der Wirtschaft. „Die machen jeden Wellengang mit und es bleibt die gesamte Mannschaft an Bord.“ Im Gegensatz dazu sieht er die Flaggschiffe der Wirtschaft, zu denen er unter anderem auch die großen Automobilwerke zählt: „Die fahren voll beladen mit hoher Geschwindigkeit über die Ozeane. Und wenn sie einmal in einen Sturm geraten und dabei Schlagseite bekommen, dann trifft das gleich eine große Anzahl von Menschen.“ Allerdings räumte Aicher ein, dass die konsumnahen Gewerke, wie Friseure oder Kosmetiker, besonders von den einschränkenden Maßnahmen des Lockdowns betroffen waren.

Aicher stellte heraus, dass insbesondere im Bereich der Aus- und Fortbildung in Rosenheim hervorragende Arbeit geleistet wird. Stolz ist er insbesondere auf seine Rosenheimer Innung, denn bei den rund 75 Innungsmitgliedern gibt es auch insgesamt 75 Auszubildende. „Das Verhältnis zwischen der Anzahl der Mitarbeiter eines Betriebes der Holzbaubranche und den dort beschäftigten Auszubildenden liegt in Rosenheim bei 10 : 1, das sind in der Branche die besten Zahlen bundesweit. Im Vergleich dazu liegt die Ausbildungsrate des Hochbauhandwerks bei 100 : 1“, erklärte Aicher Grund dafür sei, dass der Baustoff Holz als einziger nachwachsender Baustoff derzeit boomen würde. Auch das Lernspektrum habe sich in den letzten Jahrzehnten erheblich gewandelt, dazu Präsident von Timber Construction Europe: „Der Auszubildende muss sich mit Bauphysik befassen, muss alles über den Hausbau wissen, dazu gehört auch die Statik und muss außerdem über eine hohe soziale Kompetenz verfügen, schließlich ist er für seinen Betrieb nach außen hin tätig, hat viel mit Menschen zu tun und repräsentiert seinen Betrieb.“ Dabei empfiehlt er jungen Menschen eine Ausbildung im Handwerk anzustreben und bringt seine Empfehlung auf eine einfache Formel: „Lehre, mach Karriere!“
Im Laufe der letzten Jahre hat die Zimmereibranche einen umfangreichen Digitalisierungsprozess mitgemacht. „Zahlreiche Bauteile werden auf den zehntel Millimeter genau mithilfe von Automaten in unseren Werkstätten montagefertig vorbereitet, inklusive Dämmung, Auflattung und Dachfenster. An der Baustelle werden dann die einzelnen Module durch wenige Monatekräfte nur noch zusammengefügt. Die körperlich anstrengenden Arbeiten auf dem Bau können so in die Werkstätten verlagert werden“, erklärt Aicher. Dabei ist für ihn wichtig festzustellen, dass durch die Digitalisierung keine Arbeitskräfte freigesetzt werden.

„Das bayerische Bauhandwerk ist in Deutschland hochangesehen und ebenso das deutsche Handwerk in Europa“, sagt Aicher. Das sei dadurch zu begründen, weil das deutsche Handwerk ein Großteil seiner Innungsbeiträge in Forschung und Entwicklung stecken würde. So seien die Innungsmitglieder technologisch immer auf dem neusten Stand, verfügten über ein großes Know-how und seien daher immer gefragt.

Bildtext:
Peter Aicher (rechts) besuchte kürzlich die Kreishandwerkerschaft in Rosenheim. Seine Gesprächspartner waren Andreas Holzner (mittte) und Kreishandwerksmeister Gerhard Schloots.