Die Burg wird verkauft. Das war 2006 die Schreckensnachricht. Bis die Kreishandwerkerschaft sagte: „Wir kaufen“. Eine Entscheidung, die sie bisher nicht bereut hat.
Wasserburg – Der eine oder andere Handwerker hat, wenn er auf der Baustelle Burg arbeitete, vielleicht schon damit gehadert, dass sich die Handwerksinnungen des Landkreises diesen steinernen Klotz ans Bein gebunden haben. Aber nur kurzfristig und nur, wenn das mittelalterliche Gebäude mal wieder eine unliebsame Überraschung parat hatte. Denn eigentlich sind die Kreishandwerker mit ihrer Entscheidung zufrieden. Und nicht nur sie. Das wurde jetzt bei einem Treffen zum „Bergfest“ deutlich. Bergfest, weil die Hälfte der Zeit, in der der zum Kauf aufgenommen Kredit zurückgezahlt werden muss, vorbei ist. Abbezahlt haben die Kreishandwerker schon deutlich mehr als die Hälfte des Kredits, verriet der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse, Richard Steinbichler. Der augenzwinkernd anfügte, dass auf der Burg alles so gut läuft, dass die Sparkasse das Projekt selber hätte machen sollen.
Steinbichler, Kreishandwerksmeister Gerhard Schloots und Wasserburgs stellvertretender Bürgermeister Werner Gartner waren sich einig, dass der Kauf der Burg durch die Kreishandwerkerschaft für alle Beteiligten ein Glücksfall ist – was spätestens klar war, als die Stiftung Attl mit an Bord kam und das Altenheim übernahm. Die Einnahmen aus Mieten und Pachten investieren die Handwerker sofort wieder in das Gebäude, das vor fünf Jahrhunderten von der Burg zum Schloss umgebaut wurde. „Ihr habt den Vorteil, dass ihr die Arbeiten an eure Mitglieder vergeben könnt, zumindest aber in der Region. Die Stadt muss europaweit ausschreiben und dann wegen 1000 Euro weniger den Auftrag weiß Gott wo hin vergeben“, stellte Gartner fest.
Schloots hat das nächste Großprojekt schon in der Pipeline: An Burg 9 und Burg 11 müssen die Fassaden saniert werden. Geschätzte Kosten: Eine halbe Million Euro. Die Absprachen mit dem Stadtbauamt und mit dem Landesamt für Denkmalpflege laufen bereits, so Schloots. Anfang 2016 sollen die Arbeiten beginnen.
Ob und wie am Dach gearbeitet wird, das hängt davon ab, was dort passieren soll. Ein Ausbau für weitere Altenheimplätze wäre möglich und laut Fritz Seipel, Vorstand der Stiftung Attl, auch sinnvoll: „Jeder einzelne Platz tut uns gut.“ Schloots holte sich schon mal die Rückendeckung seiner Innungsobermeister, diesen Ausbau vorantreiben zu dürfen. „Wenn a paar Handwerker drei Monate umsonst arbeiten“, dann reichten weitere 500 000 Euro, so Schloots schmunzelnd.
Bis der Dachausbau wirklich spruchreif ist, muss die Kreishandwerkerschaft aber noch mit der Stiftung Attl über die Verlängerung des Pachtvertrages und über dessen Konditionen verhandeln. Denn, so erklärte Fritz Seipel auf Nachfrage, das Konzept des Altenheimes müsse an die demografische Entwicklung angepasst werden – und dazu gehören nicht nur inhaltliche Veränderungen. So sei für die stetig steigende Zahl an Demenz erkrankender älterer Menschen ein „Demenzgarten“ wichtig. Ein Demenzgarten spricht alle Sinne an, ob über den Duft der Pflanzen oder mit Beerensträuchen zum Naschen oder auch Wasserplätschern. Und ein Demenzgarten hat nicht nur Ruhezonen, sondern vor allem einen Weg, der nicht endet. „Das wäre am Burghang mit Serpentinen machbar, der Hang hätte die nötige Länge“, so Seipel.
Noch ist das Zukunftsmusik. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich die Beteiligten einigen. Alle haben Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit. Deswegen erntete Schloots schallendes Gelächter, als er meinte, beim Versicherungswechsel sei die Burg, ohne Grundstück, auf einen Wert von 17 Millionen Euro taxiert worden – „bei dem Gewinn müssten wir jetzt eigentlich verkaufen…“
Text+Bild: OVB – Sylvia Hampel